Freitag, 28. Oktober 2016

Grundsteuer für Immobilien wird teurer

Die Reform der Grundsteuer wird jetzt auf den Weg gebracht. Im nächsten Schritt gilt es, 35 Millionen Grundstücke neu zu bewerten. Wer in guten Lagen gekauft hat, muss mit höheren Abgaben rechnen.

Die Reform der Grundsteuer für Mieter und Eigentümer rückt näher. Nach jahrelangem Streit wollen die Bundesländer mit einer Neubewertung der 35 Millionen Grundstücke in Deutschland das antiquierte Verfahren erneuern. Am Freitag soll der Bundesrat zwei von Hessen und Niedersachsen erarbeitete Gesetzentwürfe verabschieden. Hamburg und Bayern haben sich der Initiative zwar noch nicht angeschlossen. Allerdings gibt es Anzeichen, dass sie am Ende für die Reform stimmen werden.

Auf eine Vereinfachung oder gar eine Senkung der Steuerlast sollten die Bürger allerdings nicht hoffen. Jedes Jahr nehmen Städte und Gemeinden rund 13 Milliarden Euro über die Grundsteuer ein. „Und wir haben das klare Interesse, diese 13 Milliarden Euro dauerhaft zu erhalten“, so Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Beim bisherigen Verfahren richtet sich die Steuer nach den Gebäude- und Bodenwerten einer Immobilie. Die tatsächliche Steuerlast wird dann über ein kompliziertes Verfahren mithilfe der kommunalen Hebesätze ermittelt. Das wird im Prinzip auch so bleiben. Lediglich an der Wertermittlung wird etwas geändert.
Zehn Jahre Einführungszeit für die neue Steuer

In einem ersten Schritt sollen alle Grundstücke sowie land- und forstwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland neu bewertet werden – ein Vorhaben, das sich nach Schätzung der Finanzminister von Niedersachsen und Hessen bis zum Jahr 2022 hinziehen dürfte. Dann wird die Steuer festgesetzt, wobei die Länder und Gemeinden Ermessensspielräume bekommen sollen. Denn unter dem Strich soll die Steuer aufkommensneutral sein.

„Es geht nicht darum, mehr Steuern zu erheben“, betonte der Finanzminister des Bundeslandes Hessen, Thomas Schäfer. Bei der Neubewertung wird stärker als bisher auf Pauschalwerte gesetzt. So wird bei unbebauten Grundstücken auf die Bodenrichtwerte abgestellt, bei bebauten wird zudem noch der Wert des Gebäudes erfasst, wobei die Art des Gebäudes und das Baujahr berücksichtigt werden sollten. Außerdem fließen die Herstellungskosten, Abschreibungen, aber auch Modernisierungen in die Bewertung mit ein.

Das bedeutet: Die Gemeinde muss darauf achten, dass die Gebäudewerte aktuell sind. Das Verfahren wird deshalb so kompliziert, dass die Bundesländer selbst mit zehn Jahren Einführungszeit für die neue Steuer rechnen.

Länder wollen Gerichtsurteil zuvorkommen

Unter dem Strich dürften Eigentümer, deren Grundstücke im Zuge der demografischen und preislichen Entwicklung an Wert gewonnen haben, eher mit einer höheren Belastung rechnen und jene mit einer schwächeren Wertentwicklung bei einer niedrigeren Steuerlast. Vermieter können die Grundsteuer auf die Miete umlegen.

Finanzminister Schäfer sagte: „Es spricht viel dafür, dass kostenaffine Gruppen wie Mieter eher mit sinkenden Kosten rechnen können als Eigentümer mit größeren Flächen.“ Grund für die Reform sind veraltete Gebäude- und Bodenwerte, die als Grundlage für die Steuererhebung dienen. In westdeutschen Bundesländern stammen die Daten aus dem Jahr 1964, im Osten von 1935.

Mit dem Reformvorstoß wollen die Länder auch einem drohenden Verfassungsgerichtsurteil zuvorkommen. Denn der für Steuersachen zuständige Bundesfinanzhof hält die veraltete Berechnung für nicht rechtmäßig und hat bereits das oberste Gericht eingeschaltet. „Die einen zahlen zu viel gemessen an den realen Marktverhältnissen, die anderen zu wenig“, sagte Niedersachsens Finanzminister Schneider. „Die Reform ist dringend geboten, bevor das Verfassungsgericht das Gesetz kassiert.“
„Falsche finanzielle Anreize“

Der Deutsche Mieterbund, der Naturschutzbund Nabu sowie das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) haben in den vergangenen Wochen teils deutliche Kritik an dem neuen Berechnungsverfahren geübt. „Der vorliegende Entwurf setzt die falschen finanziellen Anreize“, sagte Nabu-Vizepräsident Thomas Tennhardt. Der Grund: Brachliegende Grundstücke ohne Bebauung in der Innenstadt würden weiter niedrig besteuert. Das schaffe einen Anreiz für Eigentümer, auf weiter steigende Preise zu warten. Neu gebaut würde hingegen eher am Stadtrand.

Der Nabu ist gegen eine weitere Versiegelung von Flächen. Das IW bemängelt vor allem die fehlerträchtige und aufwendige Bewertung von Gebäuden. Der Mieterbund sieht ebenfalls Fehlanreize in Bezug auf den Wohnungsbau. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer schloss sich dem Aufruf der Verbände zu einer Grundsteuerermittlung allein über den Bodenrichtwert an. Ansonsten würden Besitzer alter Villen „weiter weniger Steuern bezahlen als die Erbauer neuer Sozialwohnungen“, so der Grünen-Politiker.

Der Bodenrichtwert liege den Finanzämtern bereits vor und sei eine einfache Grundlage. Sein politischer Vertreter in Berlin, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages Helmut Dedy, sieht das offenbar anders. Ohne den Grund näher auszuführen, sagte er zum Bodenrichtwert-Vorschlag: „Das würde uns nicht gefallen.“

Quelle: https://goo.gl/P1Ys1I



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via Peter Planlos

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